Anforderungen an Psychotherapie

Silke Lipinski
Humboldt-Universität zu Berlin, Autismus-Forschungs-Kooperation (AFK)

Anforderungen an eine
Psychotherapie für Autisten

 

40% der befragten Autisten gaben an, Schwierigkeiten beim Erstkontakt mit einem Psychotherapeuten gehabt zu haben. 80% der Befragten wünschen sich eine Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung per E-Mail. Eine telefonische Erstkontaktaufnahme wird als große Zugangshürde empfunden. Bei fast 40% der Befragten war der Grund für ein Nicht-Zustandekommen einer Psychotherapie, dass die Therapeutin oder der Therapeut keine Erfahrung mit Autismus hatte. Viele Menschen mit hochfunktionalem Autismus wissen selbst sehr viel über Autismus, dennoch ist es ihnen wichtig, dass auch die Therapeutin oder der Therapeut eigenes Wissen über die Diagnose Autismus hat. Das spezifische Störungsbild Autismus ist nicht Teil der Psychotherapeuten-Ausbildung.

 

Bedürfnisse von Autisten an die Umgebung für eine Psychotherapie sind reizarme Räumlichkeiten, klar strukturierte Therapiestunden sowie ein unveränderter Behandlungsraum für Termine an einem regelmäßigen Wochentag. Viele Autisten wünschen sich die Möglichkeit, mit der Therapeutin oder dem Therapeuten schriftlich, auch zwischen den Sitzungen, zu kommunizieren. So könnten sie Nachfragen stellen zu Inhalten, die während eines Therapietermins nicht verstanden wurden. Insgesamt ergab die Online-Fragebogen-Studie der Autismus-Forschungs-Kooperation, dass Autisten insgesamt, davon aber ganz besonders die autistischen Frauen, im Vergleich zu anderen Patientengruppen einen signifikant erschwerten Zugang zur Psychotherapie haben, die Schwierigkeiten beim Erstkontakt größer sind, die Anzahl der Kontaktaufnahmen und auch die Anzahl der Absagen höher ist und dass sie sich in einem noch stärkeren Maß eine schriftliche Kommunikation mit der Therapeutin oder dem Therapeuten wünschen.