Möglichkeiten der Betroffenen

Dr. Christine Preißmann
Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapie

Möglichkeiten der betroffenen
autistischen Menschen selbst

 

Auch autistische Menschen selbst sollten angeleitet werden, mehr mitzuarbeiten. Sie selbst können eine ganze Menge tun, um ihre Lage zu verbessern. Sie sollten auch stärker in die Erarbeitung von Konzepten, z.B. für Psychoedukation und hilfreiche Maßnahmen der Barrierefreiheit eingebunden werden. Auch können autistische Menschen ihre autistischen Mitmenschen zu schwierigen Arztbesuchen begleiten oder sogar in Peer-Beratungen mit einbezogen werden. Diese Maßnahmen können professionelle Arbeit nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen. Auch die Selbsthilfearbeit hat eine sehr große Bedeutung für Menschen mit Autismus. Die erste Selbsthilfegruppe für erwachsene autistische Menschen gründete sich vor 15 Jahren in Mühlheim/Ruhr. Mittlerweile gibt es ein nahezu flächendeckendes Selbsthilfe-Angebot. Zwar gibt es bei vielen Betroffenen große Ängste vor einer Gruppenteilnahme, aber durch eine Moderation der Gruppe können Austausch und Kontakt mit anderen Menschen meist gut angeleitet werden.

 

Bei der Arbeit mit autistischen Menschen zeigt es sich als größtes Glück für die Betroffenen, wenn sie aufhören können, sich an andere anzupassen und Hilfe dabei bekommen, ihr ganz eigenes Leben so leben zu können, wie es für sie passt und wie es für sie gut ist. Individualität in allen Lebensbereichen ist auch für autistische Menschen wichtig. Auch im Erwachsenenalter können sich Lebensbereiche für autistische Menschen noch verbessern. Die Mühe für autistische Menschen lohnt sich in jedem Einzelfall. Gebraucht werden deutlich mehr Fachkräfte, die sich an diese Herausforderung heranwagen, wohlwollende Mitmenschen und passende Rahmenbedingungen in allen Lebensbereichen. Es gibt noch viel zu tun.

 

„Menschen mit Autismus sind wie Salzwasserfische, die gezwungen werden, im Süßwasser zu leben. Es geht uns gut, wenn man uns in die richtige Umgebung setzt. Wenn die Person mit Autismus und die Umwelt nicht zusammenpassen, wirken wir nicht selten behindert. Passen sie dagegen zusammen, dann können auch wir sehr erfolgreich werden.“ (Baron-Cohen 2006, Seite 245)