Versorgungslage ist unbefriedigend

PD Dr. Tanja Sappok
Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge, Berlin

Die gesundheitliche Versorgung
von Menschen mit Autismus ist unbefriedigend

 

Obwohl Menschen mit Autismus scheinbar häufiger einen Arzt aufsuchen, ist ihre gesundheitliche Versorgung unbefriedigend. Eine Umfrage von Nicolaidis (USA, 2012) ergab, dass Menschen mit Autismus signifikant seltener Tetanus-geimpft sind, weniger gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen nutzen und gegenüber der Allgemeinbevölkerung ein verdoppeltes Risiko haben, in einer Notaufnahme vorstellig zu werden. Insgesamt ergab die Umfrage auch, dass Menschen mit Autismus selbst mit ihrer körperlichen wie auch psychiatrischen gesundheitlichen Versorgung unzufrieden sind. Eine Studie von Gawronski aus dem Jahr 2011 zeigte, dass 75% der Nutzer einer Autismussprechstunde auf der Suche nach einem Psychotherapeuten sind und keinen finden. US-Studien aus dem Jahr 2014 zeigen, dass der Zugang zum Gesundheitswesen bei Kindern mit Autismus im Vergleich zu anderen Entwicklungsstörungen erschwert ist.

 

Eine Befragung der Autismus-Forschungs-Kooperation (AFK) zum Wissensstand von Allgemeinmedizinern über Autismus fand heraus, dass sich ihr Wissensstand nicht grundlegend von dem der Allgemeinbevölkerung unterschied. Die Befragung der Allgemeinmediziner zu ihrem Wissen über die Prävalenz von Autismus zeigte ein ähnliches Bild. Sie wurde von Allgemeinmedizinern deutlich niedriger als real gegeben geschätzt. Eine Befragung zur Selbsteinschätzung unter Medizinern von Zerbo aus dem Jahr 2015 ergab, dass auch die Mediziner selbst einen Mangel an Wissen und Fähigkeiten zur Behandlung von Menschen mit Autismus benannten. Viele behandelnde Mediziner wussten selbst nicht, ob unter ihren Patienten auch Menschen mit Autismus sind.