Psychotherapie für Autisten

Silke Lipinski
Humboldt-Universität zu Berlin, Autismus-Forschungs-Kooperation (AFK)

Online-Fragebogen-Studie
zu Psychotherapie für Autisten

 

Eine Online-Fragebogen-Studie der Autismus-Forschungs-Kooperation, an der 271 Autisten teilnahmen, ergab, dass sich 74% von ihnen eine Psychotherapie oder psychotherapeutische Begleitung wünschen. Das sind bei 1% Prävalenz in der Bevölkerung bundesweit 606.800 Personen. Dieser hohe Bedarf an Psychotherapien bei Autisten wird in Deutschland nicht abgedeckt, obwohl bekannt ist, dass bei Autisten häufig zusätzliche psychische Erkrankungen vorliegen. In manchen Studien gibt jeder Autist an, eine psychische Erkrankung zu haben. Bei bis zu 50% der Autisten geht man von einer Depression aus. Gerade auch in Hinblick auf eine erhöhte Suizidrate unter Autisten besteht hier dringender Handlungsbedarf.

 

Menschen mit Autismus haben den Wunsch, psychische Erkrankungen, wie Depression oder Sucht, im Rahmen einer ambulanten Psychotherapie behandeln zu lassen. Dies ist mit ein wenig Grundwissen über Autismus auch gut möglich. Allerdings gibt es auf Seiten der Psychotherapeuten häufig Vorbehalte gegenüber Autisten. Die Annahme, dass man keine Menschen behandeln könne, die einem nicht in die Augen sehen oder nicht sprechen können, ist unter Psychotherapeuten immer wieder anzutreffen. Dies ist allerdings sachlich nicht zutreffend und zeigt auf, dass das Wissen über Autismus unter Psychotherapeuten gering ist. Zudem lässt sich vermuten, dass derartige Fehlinformationen über Autismus Psychotherapeuten auch den Blick auf die eigentlich zu behandelnde psychische Problematik von Autisten, z.B. die Depression oder Sucht, erschweren.