Wissen und Nichtwissen…

Dr. Christine Preißmann
Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapie

Wissen und Nichtwissen
von Ärzten und Betroffenen

 

Wichtig ist, dass Ärzte den Hintergrund von Autismus beim Patienten erkennen, um das ungewöhnliche Verhalten dieser Patienten richtig zu deuten. Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. aggressive Ausbrüche, können Versuche sein sich mitzuteilen. Immer wieder kommt es dazu, dass autistische Menschen fälschlich als aggressiv oder faul oder sogar geistig behindert eingeschätzt werden, obwohl dies nicht der Fall ist. Ein Grund dafür ist, dass Ärzte in ihrer Ausbildung sehr wenig oder überhaupt nichts über die verschiedenen Ausdruckformen von Autismus erfahren oder sie nur Kenntnisse über die extremen Formen erhalten. So prägt sich bei ihnen oft ein Bild von Kindern, die in der Ecke sitzen und nur schaukeln oder überhaupt keinen sozialen Kontakt aufnehmen können. Auch die Medien vermitteln oft ein falsches Bild von Autismus, z.B. von spektakulären Sonderbegabungen, die jedoch nur bei sehr wenigen Menschen vorliegen. Entscheidend im ärztlichen Umgang mit autistischen Menschen ist die Bereitschaft der Ärzte, mit Bezugspersonen wie Betreuern, Eltern und Therapeuten zusammen zu arbeiten. Oft können nur die nahe stehenden Bezugspersonen das autistische Verhalten des Patienten richtig einschätzen.

 

Autistische Menschen lernen in aller Regel nicht durch das Beobachten und Nachahmen anderer Menschen. Was sich Gleichaltrige von selbst aneignen, müssen sie später mühsam lernen. Das bedeutet, dass man sie auch bei vermeintlich selbstverständlichen Dingen unterstützen muss, z.B. in Fragen des gesunden Lebensstils, der Ernährung, der Sexualität oder auch der persönlichen Hygiene. Besonders schwierig ist es oft, autistischen Frauen den Zugang zum System der Frauengesundheit zu ermöglichen. Hier reichen oft schon einfache Informationen, wie z.B. über die Verwendung von Tampons, aus. Sehr sinnvoll sind daher in allen Altersstufen Angebote der Psychoedukation, in denen autistische Menschen Grundinformationen erhalten können, die für andere Menschen selbstverständlich sind. Zugänge zu Sport können für autistische Menschen sehr wichtig sein. Die Sportangebote müssen strukturiert und gut vorhersehbar sein. Gegebenenfalls müssen sportliche Aktivitäten in der Gemeinschaft angeleitet werden und es muss sichergestellt werden, dass Spott und Demütigungen keinen Raum haben.