Autismus und Intelligenzminderung

PD Dr. Tanja Sappok
Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge, Berlin

Autismus tritt häufig in Verbindung
mit Intelligenzminderung auf

 

Gut 1% der Bevölkerung ist im autistischen Spektrum. Bei Menschen mit Intelligenzminderung ist jeder vierte von einer Autismus-Spektrum-Störung betroffen, wobei die Prävalenz mit dem Schweregrad der Intelligenzminderung ansteigt. Menschen mit Intelligenzminderung und Autismus werden häufiger krank. Etwa 50% der Menschen mit Autismus haben noch eine begleitende psychische Erkrankung oder Verhaltensstörungen, bei Menschen mit Intelligenzminderung und Autismus sind es bis zu 80%. Vermehrt treten auch Epilepsien (ca. 30%), Seh- und Hörstörungen, motorische Beeinträchtigungen, Gastrointestinale Störungen (ca. 50%) und Schilddrüsenunterfunktion (10%) auf. Psychiatrisch treten bei Menschen mit Intelligenzminderung und Autismus vermehrt ADHS (30-70%), Angststörungen (50%), spezifische Phobien, Depressionen (ca. 50%), Zwangsstörungen (30%), Verhaltensauffälligkeiten, Schizophrenien (1-30%) und Tic-Störungen auf.

 

Eine aktuelle Studie von Sven Bölte aus dem Jahr 2016 ergab, dass das Mortalitätsrisiko bei Menschen mit Autismus um das ca. 2,5-fache höher ist als in der Allgemeinbevölkerung, besonders bei Menschen mit komorbider Intelligenzminderung (ca. 6-fach). Die Lebenserwartung ist um ca. 16 Jahre reduziert. Bei Menschen mit Intelligenzminderung überwiegen somatische Todesursachen, insbesondere zerebrale Anfallsleiden (ca. 40-fach). Bei Menschen mit Autismus ohne Intelligenzminderung ist die nichtnatürliche Haupttodesursache Suizid, das Suizidrisiko ist deutlich erhöht (ca. 10-fach).

 

Eine Studie von Dr. Christian Bachmann aus dem Jahr 2013 ergab, dass Menschen mit Autismus häufig krank werden und auch häufig zum Arzt gehen. So wurden 90% der Kinder mit Autismus mindestens ein Mal im Jahr bei einem Kinderarzt vorstellig und über 95% der jungen Erwachsenen mit Autismus im Alter von 20 bis 24 Jahren suchen mindestens ein Mal im Jahr einen Allgemeinmediziner auf, über 40% waren in Behandlung bei einem Psychiater oder Neurologen.